Vorgeschichte
Vor drei Wochen hat mich Kollege Urs zum ersten Mal auf eine Skitour mitgenommen. Das Resultat war einigermassen desaströs für mich (Obere Bielenlücke). Erfreulicherweise hat Urs die Hoffnung mit mir noch nicht aufgegeben und er lädt mich zu einer weiteren Skitour ein. Diesmal soll es auf die Stotzigen Firsten gehen. Wiederum ist Abmarsch um 7:30 Uhr in Realp. Dieses Mal kommt auch seine Frau Patricia mit, was in mir die Hoffnung nährt, dass es etwas gnädiger zur Sache geht.
Aufstieg Stotzigen Firsten
Ich kann besser einschätzen, was mich erwartet und bin deshalb bei den Vorbereitungen schneller. Die Ausrüstung habe ich insofern verbessert, dass ich nun eine 1.5 Liter-Flasche Wasser mit Trinkschlauch dabei habe. So kann ich im gehen trinken und muss keine Flasche aus dem Rucksack ziehen.
Um 7:30 Uhr machen wir uns also auf den Weg. Die Stotzigen Firsten sind ein viel besuchter „Standard“-Skitourenberg. Als wir hinter dem Bahnhof Realp die Skis anziehen, erschrecke ich dann doch etwas über den Andrang. Drei grössere Gruppen sind auch gerade am Abmarsch. Urs und Patricia mögen diese Ansammlung nicht so und Urs schert gleich aus und wir überholen zwei Gruppen noch in der Ebene. – Das Anfangstempo ist so schon recht hoch. Gemütlich habe ich mir anders vorgestellt. Die dritte Gruppe geht anscheinend Richtung Tälligrat oder Rottällihorn und unsere Wege trennen sich, bevor wir überholt haben. Nach 20 Minuten sind wir also endlich alleine unterwegs und es geht steiler hoch. Urs macht die Spitze, Patricia geht als Zweite und ich versuche hinten dran zu bleiben.
Das Terrain ist einfacher als bei der letzten Tour und der Schnee weniger überfroren. So komme ich heute ohne Harscheisen aus. Tempomässig komme ich gut mit, was in der ersten Stunde aber noch nicht aussagekräftig ist. Klassischer Anfängerfehler: Ich habe den Höhenmesser auf der Uhr in Realp nicht justiert. Zudem weiss ich auch nicht, wie hoch der Gipfel genau ist. Es müssten aber so 1’200 bis 1’4oo Höhenmeter sein.
Nach einer Stunde haben wir ungefähr 460 Höhenmeter hinter uns gebracht. Ein Drittel sollte also etwa geschafft sein. Ich mag lieber, wenn es nicht allzu steil nach oben geht. Meine Technik ist noch stark verbesserungswürdig und manchmal fehlt mir etwas das Vertrauen in die Felle. Immer flüssiger schaffe ich die Spitzkehren und ich erfreue mich meiner Fortschritte.
Wettermässig ist es heute Spitze. Richtung Andermatt sieht man, wie der Föhn über das Gotthard-Massiv drückt. Hier hinten im Tal ist es aber praktisch windstill und als wir in die Sonne kommen, wird es rasch ziemlich warm. Ich bin froh, dass ich das Trinksystem montiert habe und gönne mir regelmässig ein paar Schlucke.
Nach gut 700 Höhenmetern Aufstieg wird das Gelände flacher und ich habe richtig Spass am Tourengehen. Genau so sollte es den ganzen Tag sein. Und dann mit der Bahn oder dem Helikopter wieder ins Tal! 🙂 – Wir kommen auf eine kleine Alp und plötzlich steht Urs still und zieht die Skis ab. Es gibt eine offizielle Pause, was ich zuerst fast nicht glauben kann. Der positive Einfluss von Patricia auf diese Tour ist spürbar. Ich esse ein Knoppers und trinke nochmals ein paar Schlucke. Urs meint, wir brauchen nochmals eine Stunde bis zum Gipfel. Ich hoffe die Prognose passt diesmal besser als bei der Oberen Bielenlücke.
Nach der Pause wird es wieder steiler und ich habe zuerst Mühe, wieder in den richtigen Rhythmus zu kommen. Der Schnee hier an der Sonne ist nun etwas weicher und das passt mir. Einmal komme ich in die Situation, dass ich in einer Traverse die Skis nicht richtig zum greifen bringe und nach hinten wegrutsche. Ich werde dann gleich nervös, weil ich das Tempo meiner Begleiter nicht mitgehen kann. Sobald ich etwas langsamer und sorgfältiger mache, funktioniert es wieder tiptop.
Nach zwei Stunden reiner Marschzeit (exkl. Pause), haben wir rund 950 Höhenmeter zurückgelegt. Durchschnittlich 475 Höhenmeter pro Stunde finde ich okay. Im Sommer mit den Turnschuhen geht es aber schon etwas einfacher und somit schneller. Bald schon kommt dann der Gipfel in Sicht. Es sind tatsächlich nur 1’200 Höhenmeter Aufstieg und ich bin beruhigt, dass ich es heute ohne grosse Probleme schaffe.
An meinen Fersen haben sich trotz Tapes wieder schon symmetrisch Blasen gebildet. Das Thema muss ich noch in den Griff bekommen. Ist nicht dramatisch, aber dennoch nervig und für Mehrtagestouren würde es wohl zum Problem werden. – Noch bevor wir auf dem Gipfel sind, mache ich mir schon wieder Sorgen wegen der Abfahrt. Urs hat am Morgen gemeint, der Schnee sei heute anspruchsvoller, als vor drei Wochen.
Nach 2:30h Aufstiegszeit, stehen wir auf den Stotzigen Firsten (2’747m). Jacke anziehen, Skis und Schuhe für die Abfahrt bereit machen und dann ein paar Minuten Pause. Ich geniesse die Aussicht nach Osten Richtung Andermatt und Oberalp-Pass, nach Westen auf den Furkapass und ins Wallis.
Abfahrt nach Realp
Wie schon gesagt: Ich mache die Skitouren nicht wegen der Abfahrt, sondern wegen den Aufstiegen. Ich bin ein Pistenfahrer und im freien Gelände fühle ich mich noch unsicher. Ich muss aber zugeben, dass das Freiheitsgefühl schon deutlich höher ist, wenn man ohne Piste abfährt.
Urs gibt auch auf der Abfahrt die Route vor. Ich orientiere mich an Patricia und versuche einigermassen an ihr dranzubleiben. Urs findet die Abfahrt entlang der Aufstiegsspur zu verfahren und nimmt deshalb jeweils die Route über die Nordflanke runter Richtung Haltestelle Tiefenbach.
Oben raus ist der Schnee überfroren und es ist fast wie Pistenfahren. Nach ein paar hundert Höhenmetern bricht dann aber die oberste Schicht und für mich sind diese Verhältnisse schwierig beherrschbar. Rudernd und brennenden Oberschenkeln versuche ich ohne Sturz vom Berg runter zu kommen. Tröstlich ist, dass auch Patricia diese Verhältnisse nicht besonders erquickend findet. Nur Urs findet es ganz okay.
Zweimal liege ich dann tatsächlich kurz im Schnee. Da sich das Ganze in sehr überblickbarem Tempo abspielt, passiert mir nichts. Patricia und Urs müssen immer wieder auf mich warten. Es ist wie im Sommer beim Trailrunning: Der Amateur verliert gegenüber dem Profi relativ gesehen viel mehr Zeit im Downhill, als im Aufstieg.
Eine halbe Stunde benötige ich für die 900 Höhenmeter runter an die Furkareuss. Am Schluss noch im Schuss über eine schmale Brücke. – Dann heisst es nochmals auffellen und kurzer Gegenanstieg und nachher Traverse rüber zur Furkapassstrasse. Hier sind wir schon vor 3 Wochen abgefahren. Der Schnee ist hier am Südhang ziemlich sulzig. Da der Sulz ziemlich tief ist, spricht Urs nur von „flüssigem Beton“, was ihm nun wieder nicht passt. Wie gesagt, ich bin fürs hochlaufen gekommen und bin deshalb froh, als ich wieder sicher unten im Tal bin. Nach 3:45h stoppe ich glücklich und zufrieden die Uhr. Eine tolle Tour ist zu Ende!
Fazit
Wirklich viel in der Komfortzone habe ich mich während der Tour nicht bewegt. So vieles ist neu für mich. Technik, Kraft und Kondition sind stark verbesserungswürdig. Die Abfahrten sind Herausforderungen und Kampf zugleich. Neben den Erlebnissen in der Natur, machen mir natürlich die kleinen Lernfortschritte viel Spass. – Herzlichen Dank an Patricia und Urs, dass sie mir die neuen Erfahrungen möglich machen!
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