Facts
Homepage: www.swisscanyontrail.com
Länge: 49.5km
Höhendifferenz: +1’900m / -1’900m
Laufzeit: 5:53:26
Vorgeschichte
Fast schon traditionell eröffne ich meine Trail-Saison auch dieses Jahr wieder im Val de Travers. Wie letztes Jahr habe ich mich für den Swiss Canyon Train 45K angemeldet, welcher allerdings fast 50 Kilometer lang ist. Erfreulicherweise startet dieses Jahr auch Oli Stupp wieder hier und wir sind endlich wieder mal gemeinsam unterwegs. Matthias und Arsène starten am 105K und ich werde sie leider nicht persönlich treffen, da sie bereits um 5:00 Uhr starten und erst in der Nacht im Ziel sein werden.
Ich bin in den Tagen vor dem Rennen völlig entspannt und freue mich darauf. Im Prinzip müsste ich läuferisch stärker sein als letztes Jahr und deshalb setze ich mir auch das Ziel, schneller zu sein als die 6:37h von 2018. Traum wäre natürlich unter 6 Stunden im Ziel zu sein. Diese Steigerung erscheint mir aber als unrealistisch und ich denke mit 6:15h könnte ich schon zufrieden sein.
Vor dem Rennen
Um 5:15 Uhr lade ich in Rothrist Oli und seinen Kollegen Peter auf. Ich fahre, denn ich bin der langsamste Läufer und will deshalb die Kontrolle über den Autoschlüssel haben. Nicht dass ich am Schluss per ÖV nach Hause muss, da den anderen das Warten zu langweilig wurde. Wie die meisten Leute in der Trailrunning-Szene ist auch Peter ein tiptopper Kerl und wir haben eine kurzweilige Fahrt. In Colombier trinken wir kurz einen Kaffee, bevor es hoch ins Val de Travers geht.
Ein wundervoller Tag kündigt sich an, als wir etwa um 7:00 Uhr in Couvet eintreffen. Parkieren, Startnummer abholen, umziehen, WC besuchen, Wertsachen abgeben und für den Start vorbereiten. Wir treffen Marco aus Solothurn, welcher auch den 45K läuft und auch am Eiger Ultra an den Start gehen will. Er war verletzt und sieht das Rennen heute als Standortbestimmung. Nach 8:00 Uhr verlassen wir dann die Sporthalle und reihen uns ins Starterfeld ein.
Peter, Oli und Marco vor dem Start
Swiss Canyon Trail 45K
Der Speaker macht noch etwas Stimmung, bevor es dann nach einem Countdown um 8:15 Uhr losgeht. Wir sind ziemlich weit vorne eingestanden und ich versuche mich nicht von der Menge mitreissen zu lassen und einfach mal mein Tempo zu finden. Die ersten anderthalb Kilometer geht es der Strasse entlang und so bleibt genügend Zeit und Platz, damit sich das Feld einsortieren kann. Meine Toilettenpause war wohl etwas zu früh und die Blase macht sich bereits auf den ersten paar 100 Metern bemerkbar. Sonst fühle ich mich aber tiptop und es zwickt nirgends.
Dann kommt die erste Steigung und der Puls geht hoch. Ich versuche noch eine Weile zu joggen, bevor ich mit marschieren beginne. Wenn ich meine Zeit verbessern will, ist es entscheidend, dass ich mehr laufe und weniger wandere. Bald bewegen wir uns auf einem Singletrail und da das Feld noch eng geschlossen ist, passt man sich einfach dem Vordermann oder der Vorderfrau an.
Auf meiner Uhr habe ich die Puls-Ansicht eingestellt. Strecke oder Zeit interessiert mich momentan nicht und ich will mich vor allem aufs Laufen konzentrieren und nicht dauernd auf dir Uhr schauen. Der Anstieg ist dann rasch bewältigt und es geht wieder runter ins Tal. Ich gebe auf der breiten Waldstrasse etwas Gas und kann ein paar Läufer überholen.
Da es bereits recht warm ist, will ich genügend trinken. Ich habe nur eine kleine Softflask dabei und nehme mir vor, diese jeweils bis zur nächsten Verpflegung vollständig zu leeren. Was ich nicht bedacht hatte, ist die Tatsache dass mein Handy durch die volle Flasche in der Fronttasche fixiert wird. Da die Flasche nun nach 8km schon ziemlich leer ist und die vertikalen Bewegungen im Downhill gross sind, verliere ich mein Handy im vollen Lauf. – Als mir das zum zweiten Mal passiert, nutze ich den notwendigen Stopp gleich für die überfällige Pinkelpause.
Ich probiere eine andere Lösung für das Verstauen des Handys aus und das funktioniert bis zum Ende des Rennens ohne Probleme. Das Handy wollte ich zum fotografieren stets griffbereit haben. Da ich heute aber etwas ehrgeiziger unterwegs bin als sonst, gibt es dann praktisch doch keine Fotos.
Wieder unten im Tal warten dann rund 3 flache Kilometer bis Noiraigue. Nicht meine Lieblingsdisziplin! – Ich versuche locker und gleichmässig zu laufen und das funktioniert dann auch tiptop. In Noiraigue ist die erste Verpflegungsstation platziert und ich fülle rasch meine Trinkflasche. Dann heisst es Stöcke auspacken und den Anstieg zum Creux du Van bzw. Le Soliat in Angriff nehmen.
Es sind rund 700 Höhenmeter und ich werde rund eine Stunde dafür brauchen. Es läuft mir gut und ich gewinne in diesem Aufstieg 25 Ränge, wie später die Auswertung zeigt. Den herrlichen Tag nutzen auch viele Wanderer, welche unterwegs sind. Wir Läufer stören sie wohl mehr, als sie uns.
Da ich der Meinung bin, oben beim Creux du Van gibt es eine Verpflegungsstelle (früher war das so), trinke ich vorher meine Flasche leer. Etwas überrascht stelle ich dann fest, dass ich hier nicht mehr auftanken kann. Dann geht es halt trocken weiter.
Die flacheren Stellen entlang des Creux du Van versuche ich wieder im Laufschritt zurück zu legen. Auf dem höchsten Punkt stoppe ich meine Zwischenzeit und stelle fest, dass ich nur 53 Minuten für den Aufstieg gebraucht habe. Ich bin der Meinung, letztes Jahr waren es ziemlich genau 60 Minuten. Egal. 17 Kilometer sind geschafft, auf den nächsten 12 Kilometern geht es wieder bis ganz runter ins Tal.
Ich versuche wenn immer möglich, mich von anderen Läufern mitziehen zu lassen. Das funktioniert tiptop und bei Kilometer 20 kommt dann auch die Verpflegung. Ich fülle die Flasche, genehmige mir je einen Schluck Cola und Bouillon und nehme auch noch einen Apfelschnitz auf den Weg.
Es folgt nun ein Abschnitt ohne grosse technische Schwierigkeiten. Flach oder meist sogar leicht bergab. Hier muss man Tempo machen, wenn eine gute Zeit rausschauen soll. Um meinen Verstand etwas zu beschäftigen, beginne ich nun mal mit dem beliebten „Ziel-Zeit-Totto“. Letztes Jahr wollt ich unter 7h laufen und hatte mir deshalb vorgenommen, nach 3.5 Stunden mindestens die 25km-Marke hinter mir gelassen zu haben. (28km waren es dann nach 3.5h) – Heute stelle ich erfreut fest, dass ich die 25km bereits vor 3 Stunden Laufzeit erreicht habe. Liegt vielleicht sogar ein Sub-6h-Finish drin???
Bei Kilometer 26 kommen dann die Läufer des 25K (welcher 30km lang ist) dazu. Es wird kurzfristig etwas eng und ich treffe relativ zu mir betrachtet auf etwas langsamere 25K-Läufer. Als es dann grad noch auf einen technischen Singletrail-Abschnitt geht, braucht es kurz ein wenig Geduld. Bald gibt es aber wieder mehr Platz und die Reihenfolge sortiert sich rasch.
Ich lasse es in den Downhills laufen und hoffe, dass ich die Muskulatur nicht überfordere. Momentan fühle ich mich immer noch gut und es macht mir Spass. Vor der Verpflegung bei Carrière de Môtiers marschiere ich ein paar Schritte und esse ein Knoppers. Mit Cola und Bouillon runterspülen und gleich wieder weiter.
30 Kilometer sind geschafft. 3:16h habe ich dafür gebraucht. Ein 6h-Finish liegt in Reichweite. Allerdings besteht der Rest der Strecke aus vielen kurzen Auf und Ab’s. Und das liegt mir nicht besonders. Ich habe lieber lange steile Aufstiege und flüssige Downhills.
Es geht rein in die malerische Schlucht inklusive Anstieg über hohe Treppenstufen. Der Puls steigt nochmals ordentlich an und ich muss etwas kämpfen. Auch dieser Anstieg ist dann aber mal vorbei und es gilt wieder Tempo zu machen. Mittlerweile habe ich leicht muskuläre Probleme und meine Waden neigen zu Krämpfen. Bergab kann ich ohne Probleme joggen, flach geht es einigermassen, aber sobald es leicht ansteigt, wird es schwierig im Laufschritt.
Nun schaue ich öfters auf die Uhr und versuche die Endzeit abzuschätzen. Es könnte immer noch auf 6 Stunden reichen. Ich werde aber dranbleiben müssen. Endlich haben wir den westlichsten Punkt der Strecke erreicht und können wieder ostwärts Richtung Ziel in Couvet laufen. Bei der Verpflegung trinke ich zwei Becher Bouillon. Salz gegen Krämpfe. 4:30h sind vorbei, knapp 39km gelaufen. Wenn ich meinen bisherigen Schnitt halten kann, dann schaffe ich die restlichen 11 Kilometer in 1.5 Stunden und wäre in der Traumzeit von 6 Stunden im Ziel. – Ich zweifle aber etwas, dass ich den Schnitt halten kann.
Bei Kilometer 40 laufe ich in einem kurzen Anstieg auf Peter auf. Ich bin eine Armlänge hinter ihm, habe aber nicht die Energie, mich bemerkbar zu machen. Mal sehen, ob ich dranbleiben kann. – Es zeigt sich, sobald es flach ist oder runtergeht, läuft er mir davon. Aufwärts kann ich immer wieder ein paar Meter aufholen.
Nun zwickt auch der rechte Oberschenkel leicht und ich habe Angst, dass im Falle eines Stolperers wahrscheinlich augenblicklich sämtliche Beinmuskeln voll verkrampfen würden. – An der letzten Verpflegungsstation bei Kilometer 43 also nochmals 2 Becher Bouillon und dazu ein Stück Schokolade. Peter ist noch hier, als ich eintreffe und ich mache mich kurz bei ihm bemerkbar.
Ich habe noch genau eine Stunde Zeit für 7 Kilometer. Gut machbar, wenn meine Muskulatur mitmacht. Und was laufbar ist, muss ich laufen. Gehpausen auf den Flachstücken liegen nicht mehr drin. – Im nächsten Aufstieg komme ich nochmals an Peter ran. Ich will mich von ihm ziehen lassen und zu meiner Beruhigung leidet er auch ein wenig. Einmal kann ich ihn sogar für ein paar hundert Meter hinter mir lassen. 3 Kilometer vor dem Ziel überholt er mich dann aber wieder und ich sehe ihn erst im Ziel wieder, wo er gut eine Minute vor mir eintreffen wird.
Für diese letzten drei Kilometer habe ich 25 Minuten Zeit und ich weiss nun, es reicht sicher unter 6 Stunden. Super Sache und für mich eine tolle Leistung. Es geht 1.5 Kilometer runter zum Talgrund und nachher nochmals 1.5 Kilometer flach bis zum Ziel. Abwärts lasse sich es einfach rollen und in der Fläche jogge ich möglichst leicht und locker. Oli steht bereits geduscht an der Strecke und applaudiert. Nach 5:53:26 stoppt die Uhr heute für mich. Ich bin sehr zufrieden mit dieser Leistung.
Nach dem Rennen
Oli ist in sensationellen 5:03h als 8. seiner Kategorie ins Ziel gekommen. Er ist die ersten 30 Kilometer (inkl. Anstieg zum Creu du Van) ohne marschieren durchgelaufen. Unglaublich für mich. – Zur Feier des Tages spendiert er uns ein alkoholfreies Finisher-Bier. – Danach duschen und ab Richtung Heimat. In Biel gleichen wir unseren Salzhaushalt mit schneller salziger Nahrung wieder etwas aus.
In Rothrist laden wir Peter aus und verabreden uns schon mal für nächstes Jahr, selbe Zeit, selber Ort. Dann hole ich Silvia beim Bahnhof Olten ab und bringe Oli nach Hause. Dann direkt nach Grindelwald, um am Sonntag gemeinsam mit Silvia den Eiger E16 abzuwandern.
Fazit und Ausblick
Viel gibt es nicht zu sagen. Die Saisoneröffnung war für mich sehr erfolgreich über die Bühne gegangen und macht Lust auf mehr. Für die Alpen gilt es noch mehr Beinmuskulatur aufzubauen (1000er-Stägeli) und für schnellere Zeiten die Tempohärte zu erhöhen. Das Niveau von Oli werde ich nicht erreichen, aber in den leichten Steigungen könnte ich es vielleicht doch auch mal mit Jogging versuchen.
Nächster Ernstkampf ist der Eiger Ultra E51. Falls es wettertechnisch funktioniert, wäre vorher noch die Biwaktour über das Gotthardmassiv geplant.
Kommentare sind geschlossen.