Etappe 12: Ambri – Bodio
Datum: Samstag/Sonntag, 13./14. Juli 2019
Strecke: ca. 33 km
Marschzeit: ca. 7:25h
Teilnehmer: Martin / Silvia
Vorgeschichte
Letztes Wochenende hatte ich gemeinsam mit Urs Bolliger die Alpenüberquerung von Erstfeld nach Ambri bewältigt. Ab jetzt gibt es wieder familientaugliche Etappen, welche uns bis Chiasso führen sollen. Da beide Jungs im Lager waren, wollen Silvia und ich gleich die Gelegenheit nutzen, um wieder mal gemeinsam zu wandern.
Ich entscheide, die Route nicht ab unserem Endpunkt Bahnhof Ambri im Tal, sondern auf dem Höhenweg ab Altanca fortzusetzen. Ziel ist es, möglichst bis Biasca zu kommen.
Wir reisen mit dem Auto ins Tessin, was bei der Ferienlage eine kleine Herausforderung ist. Um den Stau zu umfahren, fahren wir über den Gotthard-Pass. Seit meiner Töffzeit war ich wohl nie mehr da oben. – Um 12:00 Uhr nehmen wir den Bus in Ambri, welcher uns wieder hoch nach Altanca bringt. Letzten Sonntag bin ich mit Urs hier durchgekommen, jetzt bin ich schon wieder hier!
Altanca – Tengia
Um 12:15 Uhr starten wir die heutige Etappe. Das Endziel steht nicht fest. Wir werden mal so drei Stunden wandern (bis Osco) und dann gemäss möglichen Haltestellen und Fahrplänen entscheiden, wo wir den Wandertag beenden. Auf den ersten 3 Kilometern bis Deggio führt der Weg häufig auf der Hauptstrasse. – Mir macht es nicht viel Spass. Es ist ziemlich warm, das marschieren auf der Landstrasse mühsam und meine Blasen von letzter Woche spüre ich immer noch.
Als es dann endlich von der Strasse weg auf einen richtigen Wanderweg geht, steigt meine Stimmung augenblicklich. Wir wandern ohne viele Worte und sind froh, dass die Sonne öfters mal von Quellwolken verdeckt ist und zudem ein leichter Wind weht. Es ist natürlich viel gemütlicher mit Silvia, als letztes Wochenende mit Urs. Das ist mir aber gerade recht.
Es ist ruhig und friedlich hier 300 – 400 Meter über dem Talgrund der Leventina. Je nach Geländeform, hört man das Rauschen der Autobahn oder man hört praktisch gar nichts. Auffällig ist, dass fast in jedem Weiler eine kleine Kirche steht. Und auch dass fast jeder Weiler mit dem Postauto erschlossen ist. Allerdings nicht im Stundentakt.
Es ist abwechlungsreich zum marschieren. Mal geht es über Wiesen, dann wieder in Wäldern, dann durch Dörfer. Mal etwas hoch, mal etwas runter. Mal auf technischen Single-Trails, dann auf Feldwegen und ab und zu auf Teerstrassen.
Wir queren verschiedene Bäche, welche friedlich vor sich hin plätschern.
Die malerischen Weiler wirken meist etwas ausgestorben und viele Rustici stehen zum Verkauf. Wir treffen auf der heutigen Wanderung mehr Eidechsen als Menschen an.
Nach 2.5 Stunden sind wir in Osco und beschliessen, sicher noch bis nach Calpiogna zu marschieren, wo die nächste ÖV-Haltestelle ist. – Nach 3:10h treffen wir dort ein und stellen fest, dass wir es auch noch bis Rossura schaffen, bevor dort der Bus nach Faido fährt. – In Rossura können wir noch ein letztes Mal verlängern und beenden den Wandertag mit gut 17 Kilometern in knapp unter 4 Stunden schlussendlich in Tengia.
Mit dem Bus und Zug fahren wir über Faido zurück nach Ambri. Von dort mit dem Auto nach Biasca, wo wir im Hotel Post ein Zimmer reserviert haben. Der Hotelier preist das Zimmer in höchsten Tönen an und gibt uns auch gleich eine Fernbedienung für die Klimaanlage mit. Wir bekommen ein schnuckeliges Dachzimmer, welches die Klimaanlage nötig hat. Also Klimaanlage ein und weiter in die nächste Gartenwirtschaft zum Pizza essen.
Meine Füsse sehen einigermassen akzeptabel aus und wurden heute nicht weiter beschädigt. Ich bin zuversichtlich, dass sie bis in einer Woche für den Eiger Ultra Trail E51 bereit sein werden. – Wir sind etwas erschlagen vom reisen und wandern heute und sind früh im Bett.
Tengia – Bodio
Um 7:00 Uhr sind wir die ersten beim Frühstück. Die Frage des Tages ist, wie weit wir marschieren können, um trotz Gotthard-Stau rechtzeitig zu Hause zu sein, um David vom Schach-Lager abholen zu können. Ich studiere die Karte und habe das Gefühl, bis Biasca ist es zu ehrgeizig. Geschätzt müssten wir es aber bis Bodio schaffen können.
Wir entscheiden, das Auto in Bodio zu parkieren und dann mit dem Bus wieder nach Tengia zu fahren. Die Verbindung von Faido ist heute nicht gerade sensationell. Wir fahren einen grossen Umweg und benötigen für die 3 Kilometer Luftlinie geschlagene 1:15h. Wir nehmen es aber locker und lassen uns von der guten Stimmung des Bus-Chauffeurs anstecken.
Um 10:00 Uhr setzen wir die Wanderung fort. Es ist noch angenehm kühl und ziemlich perfekt zum marschieren.
Wie gestern sehen wir wieder viele schöne Schmetterlinge, Eidechsen und Wasserfälle. Ich überlege mir, dass es hier auch Schlangen geben müsste und erhoffe mir insgeheim, eine zu sehen. Als Kind hätte ich mich fast nicht getraut, mich hier zu bewegen, weil ich ja auf eine Schlange treffen könnte. Heute sehe ich das zum Glück etwas entspannter.
Unterwegs fällt mir einmal eine Beschilderung vom „Gotthard Tunnel Trail“ auf. Es handelt sich um einen Trail, welcher über rund 100 Kilometer die beiden Portale des Gotthard-Basis-Tunnels verbindet. Vor meinem inneren Auge formiert sich ein Projektchen für 2020.
Meinen Füssen geht es gut und ich bin von dieser Seite her beruhigt. Wir kommen immer noch gut vorwärts und der Weg bleibt abwechlungsreich und es gibt viel zu sehen.
Etwas Sorgen macht mir der abschliessende Downhill nach Bodio. Es wird fast 800 Höhenmeter runtergehen und das mehr oder weniger über eine Felswand. Nicht gerade das Lieblingsterrain von Silvia. – Aber vorerst geniessen wir noch die Tessiner Landschaft.
Nach 2:45h sind wir in Sobrio. Jetzt geht es abwärts. Wir füllen an einem Brunnen nochmals Wasser auf. Die ersten 100 Höhenmeter wandern wir auf einer Strasse weg. Dann sind wir erstaunt, dass vor dem Waldeingang viele parkierte Autos hat. Das Rätsel löst sich, als wir an der Infotafel des Klettergebiets Sobrio vorbeikommen. – Wo man klettern kann, hat es auch Felswände und entsprechend wird der Weg steiler und technischer.
Typisches „Eile mit Weile“-Gebiet. Man will rasch runter, aber man muss höllisch aufpassen, dass man keinen Fehltritt zwischen allen Steinen und Wurzeln macht.
Bald zeigt sich, dass der Weg wahrscheinlich nicht allzu häufig begangen wird. Die Vegetation hat ziemlich überhand und vor lauter Farn, findet man fast den Weg nicht. – Die Höhenmeter laufen recht langsam von der Uhr.
Mitten im brusthohen Farn stoppt Silvia dann auf einmal abrupt! Einen Meter vor ihr liegt die Schlange am Boden, welche ich doch sehen wollte. Das Viech macht allerdings keinen Wank mehr und ist tot. Also steigen wir drüber und hoffen nun insgeheim, dass wir nicht aus Versehen auf einen Verwandten der Leiche treten.
Es wird dann wieder felsiger und wir fragen uns, wer auf die Idee gekommen ist, hier einen Weg anzulegen. Wahrscheinlich waren es schon die Kletterer oder der Weg ist einfach früher entstanden, als die Menschen im täglichen Leben noch zu Fuss unterwegs waren.
Dort wo der Weg von Vegetation überwachsen ist, haben Dornen nun das Farn abgelöst. Ist ziemlich mühsam, wenn die Schienbeine aufgerissen werden und dann der Schweiss in die Wunden läuft. Das steigert die Stimmung nicht gerade. Für mich steigt aber der Adventure-Wert wieder mal an und das macht ja die Sache spannend. Silvia teilt meine Sichtweise nicht unbedingt und wünscht sich einfach, dass wir endlich unten sind.
Insgesamt benötigen wir für den Abstieg von Sobrio bis zum Bahnhof Bodio rund anderthalb Stunden. Heute haben wir gut 16.5 Kilometer in 4:25h geschafft. Sehr zufrieden steigen wir ins Auto und machen uns auf die Heimreise in den Norden.
Ausblick
Bis nach Chiasso liegen noch fast 100 Kilometer Weg vor uns. Der Plan ist, wieder mit Mehrtages-Etappen weiter zu machen, da die An-/Abreise für einen Tag zu aufwändig ist. Allenfalls gibt es nach dem 1. August ein Zeitfenster oder dann halt im erst im Herbst wieder. Ich würde das Projekt gerne noch 2019 abschliessen. Mal sehen, ob das klappt.
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