Ich hab mich entschieden, als Saisonabschluss noch den Frauenfelder Marathon zu laufen. Ziele hatte ich eigentlich keine. Da der Marathon ziemlich coupiert (über 500Hm) ist, war ich mir nicht sicher, ob ich unter 4h laufen konnte. Ich schätzte eine Zeit von 3:55 bis 4:10h. Der Frauenfelder Marathon ist am Frauenfelder Waffenlauf angehängt. Die Waffenläufer starten dabei 30 Minuten vor den Marathon-Läufern. Die Strecke führt nach Wil, dort ist der Wendepunkt und es geht zurück nach Frauenfeld. Es gibt auch einen Halbmarathon-Wettkampf, welcher ab Wil nach Frauenfeld führt. Dieser startet 2h nach dem Marathon, ich sollte also ungefähr zur Startzeit in Wil sein. Das war dann ein kleines Zwischenziel für mich.
Da mein Götti in Frauenfeld wohnt, haben wir verabredet, uns beim Start zu treffen und nach dem Rennen gemeinsam zu essen. Nach Startnummer abholen und umziehen bei der Kaserne, marschierte ich hinter dem Waffenlauf-Zug zum Start am Marktplatz. Dort traf ich Götti und gemeinsam haben wir um 10Uhr den Start der Waffenläufer angeschaut. Standesgemäss gingen die rund 200 Teilnehmer mit einem Kanonenschuss auf die Strecke. Die Bedingungen waren mit ca. 6°C etwas kühl, aber da trocken doch sehr angenehm. Da ich ja meinen Betreuer hatte, konnte ich die wärmende Faserpelz-Jacke bis 3 Minuten vor dem Start anbehalten und ihm nachher mitgeben. Da die Verpflegungsposten auf der ersten Streckenhälfte recht weit auseinander waren und ich den Lauf ja als Training für Ultras machte, entschied ich mich mit dem Raidlight-Rucksack inkl zwei 7dl-Trinkflaschen zu laufen. Ich war natürlich als einziger Läufer so ausgerüstet, was dann einigen Zuschauern auch auffiel (Beispiel-Kommentar „Links Bier, Rechts Schnaps“).
Auch für den Marathon waren nur rund 200 Läuferinnen und Läufer am Start. Das gefällt mir, da nicht so ein grosses Gedränge herrscht. Die Kanone ist bereits nachgeladen und wer sich beim Startschuss nicht die Ohren zuhält, erschrickt gehörig. Götti hatte mich vor dem ersten Aufstieg bis zum Spital gewarnt. So reihe ich mich dann auch fast zu hinterst ein und lasse es ruhig angehen. Es gelingt mir endlich einmal, den Puls nach dem Start einigermassen im Griff zu behalten. Da ich mit meinem Flaschensystem sowieso der Exot war, konnte ich die Anstiege ja auch als Einziger marschieren. Alles Ultra-Technik halt. Mit marschieren bin ich bei steilen Anstiegen gar nicht viel langsamer, als die Läufer in meiner Umgebung und kann dabei Kräfte sparen und etwas regenerieren. Die Strecke gefällt mir sehr gut und erinnert mich an den 100km-Lauf von Biel. Viel über Land und ab und zu durch ein Dorf. In der Rennvorbereitung habe ich den Fehler gemacht, nicht mehr auf die Toilette gegangen zu sein. So brauche ich dann eine Pinkelpause auf einer Viehweide. Nach einer Stunde verdrücke ich in einem Aufstieg ein Snickers. Bei den Verpflegungsstellen nehme ich jeweils auch Bananenstücke. Körperlich geht es mir gut, einzig auf der Aussenseite des linken Knies habe ich einen Schmerz bereits in der ersten Rennhälfte.
Beim Einlauf in Wil ärgere ich mich kurz, da eine Halbmarathon-Läuferin beim Warmlaufen genau quer vor mir durchläuft und ich sie ramme. Blöde Kuh! – Ich fülle meine Flaschen bei der Verpflegung und bin so wieder ausgerüstet bis Frauenfeld. Ziemlich genau nach 2h laufe ich über die Halbmarathon-Marke. In der Nebengasse schiesst die Startpistole für den Halbmarathon. Zwischenziel erreicht! – Diesmal also genau die umgekehrte Situation gegenüber dem Luzern-Marathon. In Luzern war die erste Streckenhälfte von den Halbmarathonern gefüllt, hier ist es die Zweite. Ich tauche also bei der nächsten Kreuzung ins Halbmarathon-Feld ein und werde auf den nächsten 8 km dauernd überholt. Zum Glück bin ich psychisch in solchen Situationen schon deutlich stabiler als vor einigen Monaten :-). Ungefähr zwei Drittel der Höhenmeter haben wir bis Wil hinter uns gebracht. von nun an geht es also wesentlich mehr bergab als bergauf. Das ist zwar schön, aber wie schon beim Bieler 100er, sehne ich mir bald eine Steigung herbei, damit ich einen Rythmuswechsel und etwas Erholung bekomme. Längere Steigungen gibt es aber bis kurz vor Frauenfeld fast keine. Der Körper ist soweit immer noch in Ordnung und die Kilometer gehen langsam aber sicher runter. Ab und zu kann ich einen Waffenläufer überholen. Die sind dann aber meist 20 Jahre älter als ich.
Der Puls ist sehr gleichmässig zwischen 170 und 175 Schlägen/Minute, was für mich ziemlich optimal ist. Die Kilometer gehen gut vorbei, obwohl ich mich zwischendurch frage, weshalb ich eigentlich solche Sachen mache und ob ich denn wirklich noch längere Läufe machen will. Nach drei Stunden Laufzeit zeichnet sich ab, dass ein Finish unter 4h möglich ist, falls ich nicht einbreche. Ich habe das Gefühl, dass mein linker Oberschenkel kurz vor einem Krampf ist und trinke bei den nächsten Verpflegungen jeweils einen Becher Bouillon. Auch einen Energie-Gel spühle ich runter. So 10km vor dem Ziel hat es sich mit den Halbmarathonern eingependelt und ich kann sogar einige wieder überholen, die zu schnell angegangen sind. Das gibt Auftrieb. Ich kann mein Tempo halten und am Schluss sogar nochmals zusetzen. Die Renneinteilung war also ziemlich optimal. Die letzten beiden Kilometer führen wieder abwärts was es natürlich einfacher macht. In 3:55:47h laufe ich ins Ziel und bin sehr zufrieden.
Fazit:
Wenn ich mit meinem Marathon-Debut im April in Zürich vergleiche, habe ich sicher seither an Erfahrung gewonnen. Folgende Faktoren sind fallen hier besonders ins Gewicht:
-Die „Renn-Nervosität“ hat stark abgenommen und ich kann mich besser auf mich und mein Rennen, als auf andere unwichtige Sachen konzentrieren.
-Die Renneinteilung ist besser geworden. Ich lasse mich nicht zu einem hohen Starttempo mitreissen und kann dafür gleichmässig durchziehen.
-Ich verpflege mich besser, dadurch habe ich weniger Probleme mit Krämpfen und Leistungseinbrüchen.
Bis zum Saisonstart 2014 habe ich nun Zeit, an meiner Grundlagen-Ausdauer zu arbeiten. Nächstes Jahr möchte ich vor allem Ultratrails (80 – 100km) laufen. In diesem Segment habe ich aber noch keine Erfahrungen und muss deshalb erst mal schauen, ob ich die Belastungen überhaupt verkrafte.
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