Neujahrs-Halbmarathon Schlieren 2016 / Just for fun

Vorgeschichte

Der Neujahrs-Marathon von Schlieren hatte mich die letzten beiden Jahre stark fasziniert. Leider liess unser Familienkalender die Teilnahme nicht zu. Dieses Jahr war die Situation dann anders und die Teilnahme möglich, obwohl ich gar nicht so richtig Lust hatte. Nach einigem hin und her, habe ich mich dann anfangs Dezember doch angemeldet. Allerdings nur für den Halbmarathon. Die Idee war, dass ich einen guten Grund für ein paar Trainings und weniger Schokolade im Dezember habe. Zudem war die Idee schon reizvoll, das Jahr gleich mit einer Startnummer auf der Brust zu beginnen. Obwohl der Dezember ja sehr milde war, hatte ich dann Mühe, mir den Start um Mitternacht bei einstelligen Temperaturen vorzustellen. So richtig Vorfreude kam nicht auf. Aber angemeldet war ich nun mal und so habe ich dann doch ein paar Mal die Laufschuhe geschnürt, um nicht völlig untrainiert in dieses Rennen zu gehen.

So packe ich dann am Silvester um 21:00 Uhr meine Sachen und verabschiede mich von Frau und Kindern. Ich habe das Gefühl die Nacht ist so dunkel wie nie und ich bin fast der einzige, welcher unterwegs ist. Das Thermometer zeigt 4°C und ein Nieselregen zieht übers Land. Will ich das wirklich? – Es wird heute (eigentlich morgen) wohl mehr um Durchhaltewille, als um läuferische Brillianz gehen. Auf jeden Fall bin ich froh, mich nicht für den ganzen Marathon gemeldet zu haben. Nach gut einer halben Stunde Fahrt bin ich dann in Schlieren. Die Temperatur steht immerhin schon bei 5°C und der Nieselregen hat etwas nachgelassen. Als ich aus dem Auto steige, fühlt sich das gar nicht so schlimm wie erwartet an und meine Sorgen sinken etwas.

Halle

Der Neujahrs-Marathon findet bereits zum zwölften Mal statt. Auf der Startliste ist mir aufgefallen, dass es ein sehr internationaler Event ist. So geschätzt würde ich sagen die Hälfte der Starterinnen und Starter sind aus dem Ausland. Ich bin dann etwas überrascht von der Grösse dieses Laufes. Zwischen 900 und 1000 Läuferinnen und Läufer sind am Start. Die ganze Sporthalle ist von Sportlern und Begleitern belegt. Ich hole meine Startnummer und suche mir dann einen Platz auf der Tribüne, um die Wartezeit bis zum Start abzusitzen. Ich freue mich nun auf den Lauf und geniesse die Atmosphäre in der Halle. Ich lese noch eine wenig bis 23:30 Uhr und mache mich dann für das Rennen bereit. Ich entscheide mich, nur mit dem Thermo-Shirt und ohne Jacke zu laufen. Mütze und Stirnlampe auf den Kopf und Handschuhe an die Hände.

Um 23:50 Uhr reihe ich mich dann ins Starterfeld ein. Ich finde es schwierig abzuschätzen, wo ich mich meinem Tempo entsprechen einordnen soll. Es gibt keine Startblöcke nach Pace und alle drei Läufe (Marathon, Halb- und Viertelmarathon) starten natürlich genau um 0:00 Uhr. So stelle ich mich ungefähr am Ende des ersten Drittels des Feldes hin und warte auf das neue Jahr, bzw. den Start.

Streckenplan

Erste Runde

Die Meute zählt von 10 runter und dann heisst es „Frohes neues Jahr und noch froheres Laufen!“. Draussen vor der Halle sind die ersten Meter mit Fackeln gesäumt und es werden Vulkane abgebrannt. Wirklich eine spezielle Stimmung. Dann verengt sich die Strecke aber bereits auf so zwei Meter Breite und es entsteht ein entsprechendes Gedränge. Auch eine spezielle Stimmung, welche mir aber nicht so gefällt. Die Lauferei ist dann auf den ersten 1.5km auch entsprechend hektisch. Dann hat sichdas Feld etwas auseinandergezogen hat und die der Pace entsprechenden Positionen sind bezogen.

Im Streckenbeschrieb steht, dass 90% der Strecke auf Naturwegen stattfindet. Sehr viele Läufer bevorzugen Naturwege gegenüber Asphalt. Ich bin ja auch Trailrunning-Fan, finde aber auf Asphalt läuft es sich einfacher, da weniger Stolpergefahr und bei Regen weniger Pfützen und Schlamm. Langer Rede, kurzer Sinn: 50 Meter nach Verlassen des Sporthallen-Areals fülle ich meinen ersten Schuh in einer Pfütze mit Wasser. Ich mache mir etwas Sorgen, dass es eine Schlammschlacht werden könnte. Diese Einschätzung relativiert sich dann etwas und da die Organisatoren auch hervorstehende Wurzeln, Steine, Schachtdeckel etc. mit Farbspray markiert haben, ist auch die Stolpergefahr nicht mehr so gross.

Wir laufen Limmat aufwärts Richtung Zürich. In den angrenzenden Wohnhäusern sieht man viele Leute Silvester bzw. Neujahr feiern. Manche feuern das Läufer-Feld an. Einer hat wohl einen schlechten Jahreswechsel erlebt und ruft „Alles chranki Wixxer“ in die Nacht. Rundherum wird massenhaft Feuerwerk abgefackelt. Ich höre nur den Lärm. Ich muss mich auf die Strecke konzentrieren und habe keine Zeit, in der Gegend rumzuschauen. Wettermässsig nun alles im grünen Bereich für mich. Aus dem Nieselregen sind ganz feine Schneeflöckchen geworden und die fünf Grad fühlen sich sehr komfortabel an. Puls ist in Ordnung, Pace auch. Mein sportliches Ziel für heute ist eine Zeit unter zwei Stunden. Die Taktik ist, die erste Runde in einem eher gemütlichen Tempo zu laufen und dann auf der zweiten möglichst noch etwas zuzulegen.

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Nach rund 4 Kilometern laufe ich dann auf einen Läufer mit markanter Glatze auf. Erst will ich ihn überholen, entscheide mich dann aber mich hinten dran zu hängen. Er läuft rund und gleichmässig und ich denke das Tempo passt für mich, damit ich mich nicht zu früh verausgabe. Der Puls bewegt sich komfortabel in den 160er und die Pace ist bei rund 5:15/km. Die Verpflegung bei Kilometer 5 lasse ich aus. So durstig ist es dann doch nicht. Mein Pacemaker macht die Sache super und ich es geht nun Limmat abwärts wieder zurück Richtung Sporthalle. Auf dieser Flussseite hat es nun mehr Wurzeln und Steine und der Weg ist enger. Ist aber kein Problem, da es nun nicht mehr viele Überholvorgänge gibt. Ich halte mich diszipliniert hinter meinem Pacemaker und geniesse den Lauf.

Je näher das Ende der ersten Runde kommt, je mehr beginne ich zu rechnen und zu planen. Ich werde gut 55 Minuten für diese Runde benötigen. Bei gleichem Tempo für die zweite Runde käme ich also auf eine Endzeit im Bereich von 1:50h. Neues Ziel also: Endzeit unter 1:50! Ich will versuchen, einen Negativ-Split zu laufen, also die zweite Runde schneller als die erste.

Ich entscheide mich, das Tempo schon vor dem Ende der ersten Runde zu verschärfen und lasse meinen treuen Pacemaker nach rund 9.5km hinter mir. Nach 55:20 laufe habe ich die ersten 10.55km hinter mir. Ich ziehe mir die Handschuhe aus und genehmige mir einen Energiegel und einen Becher Wasser. Ich erlebe ein Novum. Das Wasser ist warm. Etwas ungewohnt, bei kalter Witterung aber sicher sinnvoll.

Zweite Runde

Dann los auf die zweite Runde. Auf Strecke von der Sporthalle runter zur Limmat, fällt mir eine Läuferin vor mir auf. Sie hat einen energischen Laufstil und ich denke denke ich habe eine neue Pacemakerin gefunden. Also gleich ranhängen. Die Pace ist etwas unter 5:00/km, passt also perfekt.
Das Nieseln hat inzwischen aufgehört. Dafür entwickelt sich nun leichter Bodennebel. Die Sicht wird aber viel stärker von der eigenen kondensierenden Atemluft getrübt. Bei jedem Ausatmen läufst du durch die eigene Wolke. Mein Magen fühlt sich etwas komisch an und es rumort ziemlich. Ich weiss nicht, ob ich zu wenig gegessen habe oder sonst etwas nicht in Ordnung ist. Auf die Lauferei hat es bis jetzt aber keinen massgeblichen Einfluss.

Rundherum böllert es immer noch. Von dem bekomme ich aber nicht mehr viel mit. Jetzt bin ich drin im Rennen und da der Puls nun auch über 170 ist, wird es schon anstrengender. Langsam laufen die Kilometer runter. Nächstes Zwischenziel ist der Wendepunkt rund bei Kilometer 5. Die Verpflegung dort lasse sich wiederum aus. Meine Pacemakerin macht ihre Sache sehr gut und ich bleibe dran bis so 5 km vor dem Ziel. In einer kleinen Steigung wird sie etwas langsamer, ich drücke das Tempo durch und überhole sie. Den Rest des Rennens laufe ich alleine. Ich versuche weiterhin Tempo zu machen und kann noch einige Läufer überholen. So macht es natürlich mehr Spass, wenn man gegen Ende noch zusetzen kann, statt einzubrechen.

Schrittfrequenz

Auch bei der Schrittfrequenz ist die stetige Steigerung der Pace zu erkennen.

Beim Kloster Fahr überhole ich die letzte Läuferin des 10.55km Laufs. Dort ist auch noch ein Fotograf positioniert. Danach geht die Strecke über ein offenes Feld und ich kann auf dieser Strecke keinen Läufer mehr vor mir entdecken. Das macht es nun psychisch etwas schwierig. Es ist einfacher, jemandem „nachzujagen“ als einfach alleine zu laufen. Ich versuche mein Tempo durchzuziehen und horche stets nach hinten, ob mich wohl jemand einholen wird. Zwischendurch rechne ich die restliche Laufzeit. Noch rund zwei Kilometer, das sind nur noch 10 Minuten. Also dran bleiben!

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Es geht zurück über die Limmat. Von hinten kommen Läufer näher. Mein Ziel jetzt: Niemand überholt mich mehr. Das gibt mir den Antrieb, nicht langsamer zu werden. Dann die Abzweigung weg von der Limmat zurück zur Sporthalle. Nur noch ein paar hundert Meter. Ich ziehe einen Endspurt an. Eigentlich eine sinnlose Sache, da dieser höchstens ein paar Sekunden bringt und der Puls aber Richtung 190 explodiert. Aber irgendwie gehört das einfach dazu. Nach 1:47:05 laufe ich über die Ziellinie. Die zweite Runde war mit 51:45 deutlich schneller als die erste. Alle Ziele erreicht. Das Jahr ist lanciert.

Ich genehmige mir noch zwei Becher warmes Wasser und packe meine Sachen dann recht rasch zusammen und fahre nach Hause. Kurz nach 3:00 Uhr liege ich dann bereits im Bett.

Fazit

Der Neujahrs-Marathon in Schlieren ist auf jeden Fall eine Reise wert. Das Rennen eignet sich sicher nicht unbedingt für persönliche Bestzeiten. Der Anlass ist aber sehr professionell organisiert und durch die spezielle Startzeit und das internationale Teilnehmerfeld entsteht eine spannende Atmosphäre. Die Sporthalle Schlieren ist gut zu erreichen und bietet eine sehr gute Infrastruktur für einen solchen Lauf.

Ich werde auf jeden Fall wieder kommen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Reizvoll wäre natürlich auch mal der Marathon. Mir hat der Lauf viel Spass gemacht. Ich will im Frühling noch weitere kurze Läufe bis Halbmarathon laufen, damit die Grundschnelligkeit steigt. Der Sommer gehört dann wieder den Ultra-Trails!

Easy Start, dann stetige Steigerung

Easy Start, dann stetige Steigerung

2 Kommentare zu Neujahrs-Halbmarathon Schlieren 2016 / Just for fun

  1. Erich Ulmi 3. Januar 2016 um 7:12 #

    Danke für diesen tollen Bericht. Hat mich gerade motiviert, das neue Jahr (wenn auch etwas verspätet) mit einem „längeren“ Lauf zu starten als das übliche Weihnachtsjogging 😉 trotz Nieselwetter…Gruss aus der Innerschweiz, Ebikon LU

  2. Wicki Pius 3. Januar 2016 um 12:47 #

    Sali Martin
    Gratuliere, tolle Leistung, wenn andere feiern ( ich zum Beispiel ) , mit Stirnlampe auf schmalen Wegen loszurennen. Wie gewohnt, guter Laufbericht.

    Gruss und gutes neues Jahr

    pius